hubert blanz

Homeseekers
C-Print auf Dibond, Hubert Blanz, 2012-2016


Homeseekers

Simone Christl

In der Ausstellung Das Haus vom Nikolaus zeigt die Galerie Reinthaler einen Ausschnitt aus Hubert Blanz umfangreicher Werkreihe Homeseekers. Wie in vielen anderen Arbeiten des Künstlers, sind räumliche Strukturen, spezielle architektonische Situationen und städtische Motive, Ausgangspunkt und Thematik. Die Basis für dieses Projektes ist in der fotografischen Erfassung von Londons Fassaden- und Maueransichten zu finden. Blanz hat über 2600 Fotos in sämtlichen Boroughs von Greater London aufgenommen, überarbeitet und dann teilweise collageartig zusammengesetzt und neu inszeniert.

Hubert Blanz interessiert sich für die reduzierte Form. Er spart Details aus und objektiviert seine Fotos. Auffallend ist, dass keine Menschen und möglichst wenig Umgebung abgebildet werden. So erreicht er seine gewollt „kulissenhafte, naive und perspektivenlose“ Ansicht.
In seiner flächigen und abstrahierenden Darstellung der fenster- und türlosen Häuserfassaden nimmt er daher auch bewusst Bezug auf das Kinderzeichenspiel „Das ist das Haus vom Nikolaus“, bei welchem gleichzeitig zu den acht gesprochenen Silben innerhalb eines Linienzuges ein einfaches Haus gezeichnet wird.

Blanz ist ein Sammler von Motiven. Seine Arbeit beinhaltet neben einem knappen Maß an dokumentarischem Charakter die Absicht, neue Sinnzusammenhänge zu evozieren und zuzulassen.
Dieselbe Arbeitsweise finden wir etwa in Blanz Fenster- und Lichtstrukturdarstellungen aus Chicago: Urban Codes. Auch hier werden durch die Wiederholung ähnlicher Motive, die möglichst zweidimensional aus unterschiedlichen Blickwinkeln fotografiert wurden, ebendiese in ihrer Wichtigkeit betont.

Hubert Blanz zeigt in der Ausstellung Details aus der 3-teiligen Bildcollage Homeseekers – A City from Behind, eine 9 Meter breite Stadtansicht, die zwischen 2012 und 2016 enstanden ist. Jedes Foto oder Bild enthält vielschichtige Wahrnehmungsmöglichkeiten und will auch so gelesen werden.

Ein wichtiger Aspekt in Hubert Blanz Werken stellen sozialkritische Fragen und historische Zusammenhänge dar: Gerade die „Hinterhofansicht“ ist interessanter als die Prunkansicht eines Gebäudes. Häuser werden bewusst von hinten („The City from Behind“) betrachtet – mit ihren fenster-, tür- und schmucklosen Fassaden.

Der Künstler betont seine Faszination für die architektonische Besonderheit dieser schlichten Backsteinfassadenhäuser welche nach dem Großen Brand von London im Jahre 1666 zunehmend die Holzbauten ersetzten.
Maßgeblich für deren Aussehen waren überdies die Fenstersteuer aus dem Jahre 1696 und die „Steuer auf Luft und Licht“ aus dem Jahre 1746, welche beide erst Mitte des 19. Jahrhunderts wieder abgeschafft wurden und während deren langer Wirksamkeit soziale Unterschiede deutlich sichtbar wurden.

In Brickline 1250 – A British Wall Frieze gestaltet Blanz aus nahezu endlos zusammengesetzten Garten- und Grundstücksmauern aus Backstein ein Fotoband, welches direkt auf die Wand geklebt, die Galerie durchläuft. Dieses Abtasten des Raumes beim Betrachten, erinnert an die langen Streifzüge durch jene Städte, die sich Blanz zum Thema macht. Das Begehen und Umrunden Londons spiegelt sich in der Anordnung der 12,5 Meter langen Rauminstallation wieder.

Wir finden in Brickline erneut die systematische Aneinanderreihung eines ähnlichen Motivs. Auch hier steht Erkennbarkeit im Hintergrund. Wichtiger ist die Suche nach neuen gestalterischen Möglichkeiten und Sinnzusammenhängen. Das Errichten von Mauern erinnert an das aktuelle Weltgeschehen, ebenso der Titel Homeseekers.

Bei der Recherche in London fielen Blanz die vielen Immobilienangebote von Maklern auf. Durch den Titel Homeseekers, der Bestandteil des Namens eines Londoner Immobilienbüros ist, verweist er auf deren Annoncen – eine Verdeutlichung der hoffnungslosen Wohnungssuche in einer prekären Wohnungsmarktsituation, wie sie zunehmend auch in Wien zu spüren ist.